Das folgende Gedicht hatte ich als Wettbewerbsbeitrag für den Bonner Literaturpreis 2015 zum Thema ‚Im Labyrinth‘ eingereicht. Da dieser inzwischen verliehen und ich nicht berücksichtigt wurde (was ich mir im Übrigen selbst aus dem Internet heraussuchen durfte, denn wie bei Bewerbungen werden heutzutage offenbar grundsätzlich keine Absagen mehr verschickt, dabei wäre eine Rundmail ja nun wirklich keine Arbeit), dachte ich mir, ich veröffentliche es einfach hier. Vielleicht ist es für den einen oder anderen ja von Interesse. Inspiriert wurde ich von den Bildern ‚Stadtbadt ohne Ding‘ des Künstlers Hans Peter Reuter: faszinierende und zugleich verstörende Kachelwelten bar jeden Lebens. Hinter dem Gedicht steht die Idee, die Leere und Orientierungslosigkeit im Kopf eines Menschen mit Demenz zu zeigen, der sich in seinen eigenen Gedankenfragmenten verirrt.
Welt aus Kacheln
Wände aus Kacheln,
Kalt und glatt,
Spiegeln nichts wider.
Becken ohne Wasser,
Wie leere Gräber,
Warten auf den Tod.
Nischen ohne Zweck,
Kalt und glatt,
Spiegeln nichts wider.
Regale ohne Inhalt,
Wie leere Bibliotheken,
Warten auf das Ende.
Gekachelte Gänge,
Kalt und leer,
Spiegeln nichts wider.
Gekachelte Bögen,
Kalt und glatt,
Führen nirgendwo hin.
Nischen ohne Vergangenheit
Lassen den Blick abgleiten.
Regale ohne Erinnerungen
Lassen die Hand abgleiten.
Becken ohne Gefühle
Lassen das Herz abgleiten.
Welt aus Kacheln
Bietet leerem Geist
Keinen Halt.
Patricia Strunk
Da wird’s mir schon kalt beim Lesen. Brr.
Hoffentlich bleibt’s uns erspart.